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Warum wir nun künftig sehr viel konsequenter nicht ans Telefon gehen werden

Es ist schon fast beängstigend komisch: Im letzten Jahr hatte ich die Diskussion, dass ich schlecht erreichbar sei, nie ans Telefon ginge und auch nicht zurückrufen würde. Eine Behauptung, der unsere Kunden wohl wiedersprechen würden. Bis auf die Tatsache mit dem „nicht ans Telefon gehen“.

Das stimmt – ich gehe nicht immer ans Telefon. Selbst dann, wenn es neben mir liegt, wenn es klingelt.

Warum das so ist, wollte ich in diesem Blogbeitrag erklären – und dann kam ständig etwas dazwischen. Fast fertig lag der Beitrag auf der Festplatte herum und wurde von mir ignoriert. Auch, weil ich mich fragte: „Stoße ich die Leute damit vor den Kopf?“ und „Vielleicht liege ich ja selbst mit meiner Sichtweise falsch.

Dabei hatte ich auf alle Fälle einen Mitstreiter, der das ähnlich sah und mich überhaupt auf die Idee zu diesem Beitrag brachte. Es war eine britische Agentur, deren Namen ich leider vergessen habe und die ich deswegen nicht wiederfinde, die auf ihrer Webseite ihren Kunden klipp und klar (sinngemäß) sagte:

„Kommt im 21. Jahrhundert an! Telefonie ist tot – schreibt uns, wenn ihr etwas wollt! Oder macht einen Termin.“

Und nun flatterte mir auch noch der Link zu einem ZEIT-Artikel ins Postfach: „Ruf! Mich! Nicht! An!“ ruft Stefan Schmitt seinen Leser hier entgegen und meint damit nicht nur diejenigen Menschen, die beruflich versuchen, ihn zu erreichen.

Also wurde es wirklich Zeit, auch hier im WERK 70 diese Dinge umzusetzen.

Warum wir nun künftig sehr viel konsequenter NICHT ans Telefon gehen werden!

Ich sitze hier und denke nach. Über „so Dinge“ – meist sind es Dinge, die in irgendeiner Form etwas mit der Webseite eines Kunden zu tun haben. Das tue ich, weil es mein Job ist, weil der Kunde dafür bezahlt und ja, auch weil ich es gerne mache.

Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein schrilles Läuten meine Konzentration stört.

Telefon. – Nein. Ich geh da jetzt nicht ran, ich muss mich auf meine Arbeit konzentrieren. – Ruhe.

Handy. – Verdammt. Warum hab ich die Nummer weiter gegeben. ICH GEH DA JETZT NICHT RAN! – Ruhe.

Telefon. – Nein. Immer noch nicht!

Ich verstehe, dass Menschen nicht verstehen, warum ich nicht ans Telefon gehe. Wir leben in einer Zeit, wo niemand mehr Selbstgespräche führen muss, man an der Supermarktkasse erfahren kann, dass der Mann vor einem Vater wird, ein Bewerbungsgespräch per Videotelefonie geführen werden kann, man die Mitfahrenden im Bus wissen lassen kann, was man mit wem abends noch so vor hat.

Meinetwegen. Wer ständige Erreichbarkeit will, soll sie haben. Wer glaubt, dass seine Kommunikation so weltbewegend wichtig ist, dass er oder sie 24/7 erreichbar sein muss: Viel Spaß.

Mein Ding ist das nicht.

Nicht mal im Büro. Nicht mal zu meinen „üblichen“ Arbeitszeiten. Oder gerade da nicht.

Denn Telefonate stören.

Schiebe ich mal den Umstand zur Seite, dass ich eh nicht gerne telefoniere, fallen mir auf Anhieb mindestens vier Gründe ein, warum das unangekündigte Telefonat im Büro abgeschafft gehört:

  1. Es kostet unnötige Zeit: Viele Dinge würden sich auch mit zwei Sätzen in einer Mail klären lassen. Stattdessen ist Smalltalk nötig, um nicht unhöflich nach 30 Sekunden das Gespräch zu beenden.
  2. Es kostet Konzentration: Ein Anrufer hat ja meistens ein Anliegen. Eins, das meine Aufmerksamkeit braucht. Wenn ich im Büro sitze, langweile ich mich aber eigentlich nie vor mich hin, sondern arbeite. Und meine Arbeit braucht in der Tat Konzentration.
    Was würde man denn davon halten, wenn der Arzt oder auch Berater, der sich gerade um einen kümmert, mal eben zwischendurch ans Telefon geht und sich plötzlich mit etwas ganz anderem beschäftigt? Nicht viel, vermutlich.
  3. Es kostet Geld: Nicht das des Anrufers. Aber meins – oder das des Kunden, an dessen Projekt ich gerade arbeite. Wer möchte, dass ich die Zeit, die mir für sein Projekt zur Verfügung steht mit Telefonaten verbummle?
  4. Telefonate hinterlassen keine verwertbaren „Spuren“: Gerade weil ich manchmal gedanklich noch mit anderen Dingen beschäftigt bin, ist das aber nötig. Beim reinen Zuhören – noch dazu ohne dem Gesprächspartner gegenüber zu sitzen – gehen manchmal Dinge unter.

So sitze ich mitunter etwas neidisch beim Chinamann beim Mittagstisch, schaue in eine kleine Passage, in der eine Masseurin ihre Praxis hat. Auf einem kleinen, handgeschriebenen Zettel steht da manchmal: „Bin in einer Behandlung.“ Oder mit anderen Worten: „Die Tür ist nicht nur zu, sie bleibt auch zu, bis ich hier mit meinem Kunden fertig bin. Basta.“

Beneidenswert. Ich habe keinen solchen Zettel.

Wie erreicht man mich denn nun?

Jeder, der mich erreichen muss, kann das auch. Meistens höre ich mit, wenn mein Anrufbeantworter anspringt und wenn jemand dort glaubhaft versichert, dass die Welt untergehen wird, wenn er mich nicht sofort sprechen kann, gehe ich auch ran.

Übrigens auch dann, wenn ich glaube, dass sich ein Problem in wenigen Minuten erledigen lässt.

Wer aber glaubt, dass ich für eine Beratung, eine längere Diskussion über sein Projekt oder gar eine inhaltliche Besprechung ans Telefon gehe, wenn ich mit anderen Dingen beschäftigt bin, den muss ich hier enttäuschen. Das ist dem Kunden gegenüber nicht fair, dessen Projekt gerade bearbeitet wird.

Wer glaubt, übers Handy mehr Erfolg zu haben, den muss ich erst recht enttäuschen. Zum einen befinden wir uns hier rund ums Büro quasi in einem Dauerfunkloch – zum anderen ist das Handy meist lautlos geschaltet, um nicht stören zu können. Einen Anruf verpasse ich dort also erst recht. Und unterwegs nehme ich solche Anrufe erst recht nicht an – da habe ich meist ja nichtmal Zettel und Stift zur Hand, um mir Notizen machen zu können.

Und wie bin ich nun zu erreichen?

Über verdammt viele Kanäle! Mail, Whatsapp, Skype – meinetwegen können Kunden mich auch über Facebook anschreiben.

Der Punkt daran: Sie schreiben. Und ich lese. Dann, wenn ich dem Geschriebenen wirklich meine volle Aufmerksamkeit widmen kann.

Die Aufmerksamkeit, die jeder Kunde verdient.
Zu seiner Zeit.

Als kleiner Bonus zeigen WhatsApp und Facebook sogar an, WANN und OB ich eine Nachricht auch wirklich gelesen habe. Mein Anrufbeantworter verrät das nicht 😉

Trotzdem sind das Telefon und besonders der Anrufbeantworter wichtige Medien: Liebe Kunden: Sprecht mit dem AB! Und wenn es nur ein kurzes „Hallo, hier Meier – bitte rufen Sie mich wegen XY zurück“ ist.

Ich versichere jedem, der sich mit der Maschine unterhält: Ich werde zurückrufen.

Anders sieht es übrigens aus, wenn jemand anruft und keine Nachricht auf dem AB oder anderswo hinterlässt. Dann ist das für mich ein Zeichen: „Ach, war nicht so wichtig.“ Dann rufe ich in der Tat nicht zurück. Denn in den meisten Fällen waren es dann ohnehin Telefonverkäufer, Meinungforscher oder jemand, der sich verwählt hatte.

Bildquelle: luxstorm/pixabay

Published inBlogWERK 70

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